Tunesien - Medina mit EC-Gerät

Das Zimmer hat einen hübschen Balkon mit Blick auf den Pool und über die Dächer von Tunis. Junge, drahtige Animateure tummeln sich rund um den Pool und beim Billard. Am langen Puderzuckerstrand besorgt Lilly einen Doppelsitzer-Jetski und zieht sich und dem 5jährigen die orangen Sicherheitswesten an. "Nimm die kleine Schwimmbrille."

 

Sie hält ihm die gelbe, schmale Brille hin, er hängt sie bloß um den Hals. Nach 15 Minuten am Wasser stapft Lilly lachend an den Strand, er sauer, weil er soviel Salzwasser in den Augen hat. "Komm wir fahren noch eine Runde!", fordert ihn der Jetski-Chef auf, da er denkt, der Kleine ist unzufrieden. "Darf ich?", fragt Sam, aber diesmal mit der gelben Schwimmbrille auf der Nase.

 

Lilly wartet am Strand, als der andere vom Verleih einem blauen Katamaran im flachen Wasser hinterherläuft, der wohl nicht richtig befestigt war und bei leichtem Wind immer weiter aufs Meer hinaustreibt. "So wirst du ihn nicht kriegen.", murmelt Lilly, aber sieht auch, dass alle Jetski gerade unterwegs sind. Der Moment hat etwas filmreifes, als sämtliche Strandbesucher in einer Reihe stehen und das Blau des Segels am Horizont verschwinden sehen, das vielleicht irgendwann in Spanien oder Italien stranden wird.

 

Sam ist nun glücklich, dafür der Inhaber in Rage. Immer wieder spazieren Strandverkäufer durch den feinen Sand, bieten bunte Tücher, Badetücher oder Kettchen an. Lilly kauft Armbändchen, ein oranges Tuch und blaues Badetuch damit sie diese verwenden kann, nicht jedes mal wieder angesprochen wird. Mit einer richtig trashigen, roten, kugeligen Kutsche lassen sie sich zur jahrhundertealten Medina im Zentrum bringen, verirren sich in den verwinkelten Gassen.

Sie ist fasziniert davon, wie man hier die Zeit vergessen und was sie alles tragen kann. Ihr Bargeld ist zu Ende, sie beschließt, sich aus dem Labyrinth wieder zu verabschieden, doch die Tunesierin im nächsten Laden kleidet sie beide förmlich neu ein. "Wir sehen aus wie Einheimische.", lacht sie als sie ihren Sohn vom Mützchen bis zu den Schuhen umgezogen sieht. "Das musst du alles wieder ausziehen. Ich hab kein Geld mehr."

 

"Nooo, noo.", die Frau zieht sie vor den Laden, zeigt Lilly in der lehmigen Wand in diesem orientalischen Basar ein metallisch-glänzendes EC-Gerät eingebaut. So traditionell und mit leerem Geldbeutel stehen sie nun vor diesem Shopping-Labyrinth aus anderen Zeiten. Sie überlegt, wo es zum Hotel geht, als ihr jemand winkt: es ist der Masseur aus dem Hotel. Da sie direkt vorm Restaurant seines Bruders stehen, sind sie zum Essen eingeladen, werden dann zurück mitgenommen.

 

"Ich werde mal Masseur.", meint der Junge, als sie ihre luftigen Tücher und Hosenanzüge wieder ablegen. "Wie kommst du darauf?", fragt sie neugierig. "Hast du nicht den Stapel Scheine gesehen?". "Ja, stimmt, hab ich.". Sie überschlägt im Kopf 24 Tage x 8 Stunden x 50 Euro = 9600 Euro. "Ok. Einverstanden, aber auch an einem Mega-Strand und so schönem Hotel mit netten Gästen."