geheime Clubbings in london

 

 

"Seh ich aus wie ein Terrorist?", fragt er sie laut in seinem navigrünen Parka und dem schwarzen Dreitagesbart. Er senkt den Blick und guckt gefährlich. Die Köpfe der anderen Fluggäste in den Sitzreihen rund um ihn drehen sich in seine Richtung - sie dreht ihren dezent weg. "Ja, irgendwie schon.", murmelt sie und fügt laut dazu: "Zum Glück bist du keiner!" und lächelt nach vorne.

 

 

"Setz dich einfach.". Das ist dann aber nicht so einfach, wenn man von der Flugbegleiterin zum Ausgang gebeten wird. Lilly rückt an den Fensterplatz und guckt zu Startbahn und der Einstiegstreppe, die schon weggefahren wird. "Idiot, echt.". Sie hat nicht mal die Adresse für das Hotel in London bei sich. Kurz darauf kommt er dann doch wieder in die Sitzreihe zurück - mit dem Parka in der Hand.

 

 

Er verstaut seinen Rucksack und den Terroristen-Parka im Gepäckfach und schmunzelt, so wie er es immer frech tut - großgewachsen, schlank, als jüngster von drei Brüdern und Sohn eines rebellischen Hauptschullehrers, der dann als Musiker und Autor berühmt wurde und mit einem minimalen, interessantem südländischem optischem Einschlag. Das Wort Terrorist bei einem Flug nach London im Jahr 2000 zu erwähnen und so zu tun, als hätte man eine Waffe unterm navigrünen Mantel kommt gerade nicht so gut an.

 

 

Irgendwann lachen sie ein wenig drüber und als sie dann in London durch die Kontrollen sind und raus aus dem Flughafen richtig viel. "Europe-Tower heißt es also.". Lilly ist gespannt, wohin sie der Taxifahrer bringt. Es geht in ein Viertel, welches überhaupt nicht nach Hotellerie und Tourismus aussieht - sie versucht sich den Weg einzuprägen.

 

 

"Das soll es sein?", ruft sie schockiert, als sie vor einem Hochhaus aussteigen, durch dessen nicht vorhandene Verglasung an manchen Fensterluken, weiß-graue Vorhänge wehen. Die Rezeption ist ein rothaariger, dicker, junger Mann mit Schlabberklamotten und zu großen Schlapfen. Lilly hält alle ihre Sachen an sich. Die Toilette ist am Gang, der Teppich verdreckt. Sie packt ihren Koffer nicht aus.

 

 

"Ich will gleich los.". Sie besichtigen mit richtig viel Spaß und Ausdauer den Buckingham Palace, das Waxmuseum, Trafalgar Square, den Big Ben und sind auf ein Clubbing im Hafen eingeladen, wo durchgefeiert wird, damit sie nicht ins Hotel müssen. Vormittag im Hyde Park mit der Sonne im Gesicht weiter zum Tower, Tower Bridge, Westminster Abbey und Museumstour. Diesen Abend ist keiner in der Halle, wo letzte Nacht gefeiert wurde. Er bekommt eine SMS, dass es in einem anderen Viertel stattfindet. "What? Wo denn? Warum?"

 

 

Als sie die Halle verlassen, stehen zwei Polizeiwagen gegenüber. Die Police streift mit Taschenlampen durch die leerstehende Fabrik. Er zieht sie nach unten hinter ein Auto. "Pfff. Ich kann nicht mehr.", lacht und zittert sie aufgeregt, wie in einem Thriller. Die Schritte kommen näher. Sie werden befragt und geben sich ahnungslos. Um nicht verfolgt zu werden und die andere Party zu crashen, spazieren sie an der Themse entlang.