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Als die Sommersonne der Wasseroberfläche des ionischen Meeres rund um Zakynthos näherkommt, lenken Lilly und ihr Sohn langsam die schmale Luftmatratze auf der sie nun schon mehr als eine Stunde nebeneinander die Karett-Schildkröten-Familie beobachten, Richtung menschenleerem Sandstrand. Die Schildkröten gleiten ein Stück neben ihnen her, doch stoppen die Bewegungen der großen, hellbraunen, flachen Vorderflossen, als Lilly mit ihren Zehenspitzen den Sand spüren kann.

 

 

Viel sprechen sie nicht über ihr wunderbares Erlebnis, um dem fantastischen Nachmittag am Meer nicht den Zauber zu nehmen und auch, um nicht in den Augen des anderen den Trennungsschmerz von den drei Panzertieren zu erkennen. Leider müssen sie aus dem Wasser und die Tiere kommen nicht mit und sie kommen nicht wieder, weil es der letzte Tag auf der Insel ist.

 

 

Sie hat sich die ganze Zeit schon auf kühle Getränke und Eis vom Bistro gefreut, dieses hat aber genauso geschlossen, wie die Eisbude. Sie guckt auf die silberne, schweizer Watch, die sie seit 8 Jahren am Armgelenk trägt, stellt fest, dass es schon lange nach 18 Uhr ist. Ihr Durst ist jetzt weniger wichtig, als dass ihr Sohn nun schon lange nichts gegessen hat und noch zu sehr mit Abtrocknen und Anziehen beschäftigt ist, um zu bemerken, dass sie nun weder etwas zu trinken, noch zu Essen, kein Kärtchen vom Hotel und keine Taxi-Rufnummer haben.

 

 

Lilly steht durstig vor dem Laden mit Imbiss im Kühlschrank und gekühlten Getränkeflaschen. Sie überlegt, ob es besser ist, auf der Straße langzulaufen, wobei sie nicht weiß, in welche Himmelsrichtung oder am Strand entlang, denn da muss ja logischerweise auch der Hotelabschnitt kommen.

 

 

"Hey, ich hab gehört, über den Strand kommen wir direkt zu unserem Hotel.", macht sie ihm vor, Ahnung zu haben und hofft, dass sie innerhalb zwei, drei Stunden ankommen, da es sonst dunkel wird. Sie schlendern rasch und barfuß durch den außergewöhnlich langen Sandstrand, die Füße vom sanften Wellengang umspült, oft trägt sie ihn.

 

 

"Autsch.", sie tappt auf einen kurzen Holzspieß, an dem ein rotweißer Faden zum nächsten Spieß gespannt ist, ignoriert dies, geht weiter. Ein Schild mit einer Grafik von Schildkröten und Eiern weist darauf hin, dass sich wohl im Nistbereich und Naturschutzgebiet befinden. "Du meine Güte.", sie hebt ihn hoch, hält sich nahe der Brandung, obwohl spät und durstig, bestaunen sie immer wieder fasziniert und neugierig den heißen Sand, ob sich vielleicht etwas ereignet. "Caretta-Caretta.", wiederholt Lilly die Worte am Schild.

 

 

Als es dunkel wird: der erste Mensch - die Nachbarin in ihrer Neon-Laufdress auf dem bekannten Waldweg und bald erreichen sie die Hotel-Lobby, wo Lilly das Kind abstellt und die prallgefüllte Badetasche von der Schulter rutschen und sich in einen Sessel fallen lässt. Samuels erster Weg führt an die beleuchtete Bar, wo er auf einen der Hocker klettert und wartet. So schnell hat der nette Barkeeper noch nie zuvor einen Drink eingeschenkt.