Hongkong - Airport

Hong Kong, Jänner 2013, Ankunft Airport. "Hey", da steht er. Groß, schlank, flink, hübsch. Bisschen ganz junger Bradley Cooper. Ein ehemaliger deutscher Volleyball-Landesmeister aus diesem oder dem anderen Berlin weiß sie nicht, ist auch egal, denn das war vor seiner Zeit. So viele Gedanken hat sie sich noch nicht darüber gemacht, wie seine Wohnung aussehen wird, sie beginnt aber jetzt damit, weil er erst 28 ist und er lässt sich schlecht in eine gewisse Schublade stecken. "Studentenwohnung, Loft ohne Türen, familiengerechtes Apartment, WG mit Freund oder Freundin, bei den Eltern oder Großeltern, Baumhaus... Alles ist möglich."

Es fühlt sich herzerfrischend und erneuernd, geradezu regenerierend. "Wird sicher ein toller Aufenthalt.", beruhigt sie ihre plötzliche Vernunft. Jedenfalls folgte sie gern seiner Einladung, denn ein Hotel für so lange Zeit zu bezahlen wäre verrückt. Lilly weiß noch nicht, dass es in Hongkong auch ganz unkompliziert und spontan möglich ist, sich eine kleine Wohnung für ein oder mehrere Monate zu mieten.

Sie hat bei einem Online-Verlag einen Vertrag abgeschlossen und soll Interviews und natürlich auch gerne verkaufte Banner vorweisen, was ihr dann sowenig gefiel, weil Keilerei nichts mit Schreiberei zu tun hat, dass sie auf der Suche nach größeren Medien ist, die für Verkauf und Text/Foto eigene Abteilungsschilder an den Türen haben. Dazu wird sie gleich nach dem Aufenthalt nach Frankfurt reisen, der Termin ist auf Ende Juni angelegt.

"Hey, do u njoy ur public holiday?", so fing der in Hongkong lebende junge Deutsche einen digitalen Small-Talk auf einer Social Media-Plattform an, dessen Standort sie kurzerhand von Linz auf Hongkong umgestellt hatte, um von den richtigen Personen gefunden zu werden - und zwar suchte sie eine, wenn möglich kostenfreie, Unterkunft für ihren Asien-Aufenthalt.

Mit: "What r ur Plans for the Weekend? Up for a glass of white wine? Need to escape somehow from the Winter madness :)" und seinem Profilbild hatte er sie sowieso schon augenblicklich von sich überzeugt. "Würde mich gerne treffen, aber uns trennen etwa 8860 Kilometer Fluglinie.", antwortete sie, um eine spontane Einladung trotz der Distanz aus ihm hervorzulocken. Es klappte und nun ist sie hier.

Dass er so fantastisch aussieht, macht das Willkommensküsschen zu einem Highlight. Er klingt aufgeregt, weil er sie schon an mehreren Gates dieses 75 Millionen Passagiere pro Jahr durchschleusenden Airports gesucht hat, doch nun packt er ihren Koffer ins rote Taxi, die ersten Eindrücke der Millionen-Metropole sind umwerfend.

Lichtermeere ohne Ende, Menschen ohne Ende, Gespräche ohne Ende, Aktivität ohne Ende. Es arbeiten einfach alle. Jeder ist in Bewegung und beschäftigt. Die ersten Hongkong-Dollar sind nun von ihrer Tasche in die Hand eines Asiaten gewandert. Sie lächeln alle, schimpfen aber gleichzeitig. Oder ist es die Art der Sprache, die sich wie schimpfen anhört. "Say Hello to Kowloon!"