INDISCHER KIRMES AM STRAND

 

 

Sie fahren Auto an Auto durch die engen Straßen von Mumbai, vorbei beim imposanten Rathaus mit sehr hohem Turm unter einer Kuppel, sehen ein Museum mit weißer, großer Kuppel, dass ehemals nach dem Vater der jetzigen Königin von England benannt war, als er noch nicht König George hieß, sondern Prince of Wales, wie der jetzige Sohn der regierenden Elisabeth und noch viele andere, sehr exotische Bauwerke, die hier am anderen Ende der Welt, den Stil verkörpern, den Lilly als Kind in Sandokan, Yul Brynner-Filmen oder im Dschungelbuch so anhimmelte.

Verschiedene Glaubensrichtungen glänzen nebeneinander mit ihren Bet-Stätten, portugiesischer und britischer neben indischem Baustil, Parks neben Sportstadien und Märkten, Hochhäuser und Malabar Hill neben Slums mitten in der City, in einem Auto indische Musik, im anderen moderne, amerikanische Beats.

 

 

Es gäbe noch viel zu sehen, aber das Meer ruft, besser gesagt ein Strandabschnitt. Es wird dunkel. Imbiss-Buden mit klappen nebeneinander aufgereiht, manche auf Rädern ihre seitlichen Dächer auf und geben den Blick frei, auf ihr beleuchtetes Angebot. Darüber prangt ein großes Plakat, auf dem ein bettelndes Kind abgebildet ist und in hellen, mannshohen Lettern "Gib dem Vater Arbeit." einfordert. Hinter den Buden liegt ein sehr, breiter Strand in einer flachen Bucht - das Wasser bewegt sich sanft vor und zurück, der Sand ist karamellfarben.

 

 

Innerhalb weniger Minuten überläuft ein breiter Strom an Menschenmassen diesen Strand und ist nicht voll, sondern sehr eng voll. Die dunkle Haut der  bekleideten Menschen, die sich nicht nur im Sand, sondern auch im warmen Meereswasser tummeln, erkennet man nicht richtig im Dunkel, doch die freundlichen Gesichter mit hellen Augen und strahlenden Zahnreihen schon.

 

 

"Die baden mit Kleidung?", wundert sich Lilly, als sie hunderte Inder im seichten Wasser mit ihren Saris und Hosen stehen sieht. Es gibt am Rand zur Straße einige eiserne Drehgeräte und karussellartige Gefährte, doch nichts läuft elektrisch - der Hebel wird abwechselnd von zwei Männern händisch gedreht.

 

 

Ein Riesenrad wird aufgebaut. Es funktioniert wie ein Hamsterrad - im Gestell läuft zwei Jungs und bewegen mit ihrer Körperkraft das Ungetüm, in dessen offenen Zweiergondeln Personen sitzen und sich zusammen freuen. Es ist laut durch Menschenstimmen der Inder. Musik oder Lichtanlagen gibt es keine. Lilly wundert sich, wo in so kurzer Zeit so viele Leute herkommen. "Vielleicht vom Diamantenschleifen.", scherzt er. Doch so ein Joke ist das gar nicht, denn sie weißt, dass fast jeder Rohdiamant weltweit hier bearbeitet wird.

 

 

Sie würde gerne etwas Indisches von den Imbiss-Buden naschen, doch Andre hält sie davon ab. Vieles wird in Frittier-Fett herausgebraten, anderes in runden Tonnen zubereitet, nicht ohne Gongs, Geschrei und Klimbim. Er bringt ihr stattdessen aus einem anderen Laden verpacktes "Naan" - ein, mit einem Fleisch-Gemüse-Mix, gefülltes Brot. "Namaste."