Goa

 

 

Beim Frühstück, welches der Inhaber dieser mehrstöckigen Apartmentanlage in seinem darunterliegenden China-Restaurant zubereiten lässt und auch aufs Zimmer bringt, erfährt Lilly, dass die Frau des Geschäftspartners ihres Gastgebers wieder so scharf gegessen hat, dass sie mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus gebracht wurde, weswegen ihr nun Schinken und Ei nicht mehr schmecken und sie gleich losfährt, um diese zu besuchen.

 

 

Mit Blumenstrauß, Glückskeksen einer Auswahl an aktuellen Monatsmagazinen bepackt, betritt sie das Zimmer in einer Klinikanlage privater Ärzte, was wahrscheinlich bar bezahlt werden muss, verbreitet gute Laune und lässt eine Patientin zurück, die sich Mittag schon wieder normal ernährt, zwar ohne feurige Chili und dessen Capsaicin, dafür mit Lassi, viel Ruhe und einem Fingerhütchen, welches die Herzströme kontrolliert.

 

 

Sie gibt Lilly einen handgeschriebenen Zettel für deren Haushälterin mit, den sie  im Apartment mit vielen Räumen, Marmorausstattung, einer Klimaanlage, die wie in einem Kühlschrank runtertemperiert und einem Gemeinschaftspool im Erdgeschoß, auf im Esszimmer zurücklässt. Sie sieht durch die Tür vorm Ausgang in ein Kinderzimmer, dass liebevoll und verschnörkelt komplett eingerichtet ist.

 

 

"Überraschung! Eine Woche Badeurlaub!". Es erwarten sie die Strände rund um die Hauptstadt des kleinsten Bundesstaat Indiens, der 450 Jahre lang portugiesisches Kolonialgebiet war. Sie befinden sich außerhalb der Monsun-Zeit und so wird Goa zu einer wahren Erholung. Lilly staunt über die farbenfrohen Hindu-Tempel, die sich der katholischen Invasion mitsamt ihren übergroßen Kathedralen entgegenstellen. Manchmal spricht auch jemand portugiesisch.

 

Bildung hat die Bevölkerung hier durchdrungen, schon vor 4000 Jahren sollen Sumerer mit Goa Handel betrieben haben. Sie sieht Tiere, von deren Existenz sie nichts wusste, üppiges Grün, viele russische Touristen an palmengesäumten, karamellfarbenen Sandstränden, kauft sich am Hippie-Markt Lederarmbändchen, so viele auf ihr Handgelenk passen, schwimmt nach einer langen Zugfahrt in Wasserfällen. Sie kann endlich richtig indisch essen - jedes Gericht ist gelb von Kurkuma und Safran, jedes Dessert flambiert. Im Hotel heißt es wieder einmal Wasser sparen, doch entschädigt Sonne und badewannenwarmes Arabisches Meer.

 

 

Mit Full-Moon-Partys erinnert die Jugend und Gastroszene an die Goa-Partys der 90er-Jahre. Lilly gefallen Schwarzlicht, Neonstäbchen, bemalte Körper und Gesichter, große, farbige, aufgeblasene Figuren im Dunkel des Himmels, während Nebelmaschinen die Freiluft-Tanzflächen fluten. "Fällt dir was auf?", fragt sie Andre. Der lacht und zieht sie auf die sandig-staubige Tanzfläche, wo er seinen abartigen Tanzstil, bei dem er immer zum Himmel guckt, als würde der Heilige Geist in ihn fahren, parodiert. "Ja, ist genauso wie damals im Mühlviertel, wo wir uns zum ersten Mal gesehen haben."