blue mountains & ochos rios

 

 

Eigentlich will Lilly heute in den Leuchtturm rauf und im Great Morass Krokodile fotografieren, aber leider macht ihr eine Entzündung im Unterleib zu schaffen. Die Damen an der Rezeption rufen einen Arzt und der kommt mit einem ratternden blauen VW-Käfer kurz darauf ins Hotel - in der Hand eine der historischen, braunen Leder-Arzt-Taschen aus den 20er-Jahren.

 

 

Er sieht amerikanisch aus, ist aber Deutscher, der irgendwann vor vielen Jahrzehnten hierhin ausgewandert ist. Bevor er mit einer 20 Zentimeter-großen Spritze mit nochmal so langer Metallspitze, in der sich milchige Flüssigkeit befindet auf sie zukommt, fragt sie ihn, wieviel das kosten soll. Er meint nur, er lässt es auf die Hotelrechnung setzen, was sie noch mehr beunruhigt. "Was ist das überhaupt?", fragt sie neugierig, bevor sie zögerlich ihr oberes Hinterteil der - wahrscheinlich Pferdespritze - hinhält. "Penicillin."

 

 

Noch bevor sie ihm sagen kann, dass sie darauf allergisch reagiert, pumpt sich die Flüssigkeit unter ihre Haut. Viel mehr ereignet sich nicht, außer, dass er ihr empfiehlt, einen im Bett zu bleiben und erst am nächsten Tag wieder schwimmen zu gehen. Als er weg ist, fragt sie bei den Damen, wieviel verrechnet wurde. Die eine presst die Lippen zusammen und zeigt ihr eine Zahl: 400 $. "Herrje. Mit dem Geld hätte ich lieber etwas anderes gemacht. Sie lässt sich das Mittagessen bringen und schläft bis zum nächsten Tag, um ihre möglichen allergischen Reaktionen wegzuträumen.

 

 

Am nächsten Morgen wacht sie wie neugeboren auf, hält es nicht mehr aus - draußen das Meer und sie hier drinnen. Durch ihre kleine Küche mit Kühlschrank ist sie unabhängig von Frühstücks- und Restaurantzeiten und wenn sich in anderen Zimmern erst die Fensterläden öffnen, bricht sie schon zu einer Tagestour zu den Wasserfällen nach Ochos Rios.

 

 

Sie hat sich ein kleines Auto vom Rasta nebenan ausgeborgt und fährt durch satte Insellandschaft. Mitten in den Blue Mountains trifft sie auf Kinder die in einem Fluss unter einer Brücke schwimmen - die Mädchen winken ihr und lächeln für ein Foto, doch die älteren Jungs springen aus dem Wasser und ziehen beide ihre Badehosen runter, um ihren erhabenen Stolz zu präsentieren. Da sie so mit verschränkten Armen dastehen und warten, macht Lilly ein Foto, bedankt sich mit Naschzeug aus ihrem Lunch-Bag.

 

 

Sie kommt früh genug beim Urwald, durch den sie wandern muss, als wäre sie Indiana Jones auf dem Weg zum Smaragd-Juwel, an, um den Tag an den exotischen Wasserfällen zu genießen, die sich über 180 Meter auf flachen und abgerundeten, hellgrauen Steinen dahinziehen und direkt ins Meer münden. Es wird erzählt, dass hier im dichten Urwald mit tropischem Vogelgezwitscher an den Dunn´s River Falls Engländer und Spanier um die Vorherrschaft auf der Insel gekämpft haben.

 

 

Sie sitzt im Wasser und lässt sich die Erfrischung auf die Schultern und Nacken fließen. Direkt auf den Steinen sieht man auch den sonnigen Himmel wieder, wenn man die Augen nach oben richtet.