im Flugzeug mit pavarotti

 

 

Es wird knapp - das Amt schließt freitags um 13 Uhr und Lilly kann an ihrem letzten Arbeitstag erst um 15.30 Uhr weg, wenn sie nicht überraschend viele Zeitausgleich-Stunden angesammelt hätte, die sie ja auch noch aufbrauchen soll. "Jaaa, dann kann ich gleich los!", ruft sie. Die KollegInnen, die bisher Ausbilderinnen waren, wundern sich.

 

 

Sie räumt den Schreibtisch auf, packt zusammen, wandert von Zimmer zu Zimmer, Abteilung zu Abteilung, kann es noch gar nicht glauben, dass sie nie wieder in diesen Riesen-Büro-Komplex muss, wo sie nun seit 3 Jahren täglich ein- und ausgegangen ist. Manche würden sich vielleicht über den stabilen Job freuen, aber Lilly reißt sich das Korsett von den Rippen.

 

 

Manche sind verwundert, manche wissen nicht, was sie sagen sollen, manche aber schon, sind rührend nett, einer, dem sie einen Auftrag kalkuliert, sich um eine halbe Million Schilling verrechnet hat bei tausenden Flanschen, Schrauben und Rohren, er so der Bestbieter war, den Auftrag bekam, zuerst nicht wusste, wie er im Rahmen bleiben soll, nachdem aber Folgeaufträge über den ganzen Erdball verstreut kamen, dann doch, gibt ihr ein kleines Andenken mit.

 

 

Sie eilt zum Polizeigebäude, lässt sich den Führerschein aushändigen, schiebt ihn stolz in die Seitentasche der Geldbörse. Ihr Plan scheint aufzugehen, da sie nach einer Busfahrt mit ihrem Koffer schon am Airport ist. Der Flug nach Rom dauert nicht lange, jedoch ist er überbucht und sie wird umgesetzt in die First Class - die plötzlich überfreundliche Flugbegleiterin in ihrer schicken rot-weißen Dress bietet ihr, wie allen anderen ein Glas Champagner an. Lilly überlegt kurz: "Doch. Gern."

 

 

Sie findet den Anlass angemessen für einen ersten Schluck dieses prickelnden Getränkes, dass sie bisher nur aus Filmen kennt. "Schließlich bin ich schon drei Monate 18.". Wenn sie dachte, es geht nicht noch freundlicher, dann hat sie geirrt. Eine der schicken Stewardessen spricht italienisch, überschlägt sich gerade an Höflichkeit. Sie guckt zur Seite, wer auf dem anderen bequemen Sitz Platz nimmt.

 

 

Zuerst sieht sie nur von hinten einen dicken Mann. "Oh, zum Glück sind die Sitze fast Liegen und doppelt so breit, wie hinter dem Vorhang.", schmunzelt sie in ihren Schal. Als er soweit ist, dass alles stimmt und die Dame am Gurt herumgestellt hat, guckt er zu Lilly, hebt das Glas und spricht auf Italienisch mit einer Stimme, die heftige Gänsehaut hervorruft. Er trägt Bart, hat feurige, aber fröhliche Augen, eine Stimme, wie ein Opernsänger.

 

 

Sie prostet auch zu: "Salute.". Ihre Stimme verschwindet neben seiner Präsenz. "Ja, das ist doch... Ich hab den gerade mit Opa bei der Fußball-WM im TV gesehen.". Sie überlegt: "Es waren auf jeden Fall ´Die drei Tenöre´. Carerras, Domingo und...". Das kann jetzt ins Auge gehen. Sie dreht sich nach links und lacht: "Pavarotti?1". "Si.". Er ist freundlich redet mir ihr, sehr melodisch, wie ein venezianischer Gondoliere singen würde, aber Lilly versteht kein Wort.