ein Wochenende in neapel

 

 

 

Sie blättert im Reiseführer über Neapel und beschließt das Wochenende auszufliegen. "Warum nicht?". Sie gibt Bescheid in ihrer Gastfamilie und packt ein paar Dinge in ihre Tasche, stellt die schon mal hinter die Zimmertür. Sie spekuliert damit, dass der junge Italiener wieder, wie am Vortag, im Schlosspark anzutreffen ist und läuft ihre Runde in der gleichen Abfolge Richtung Säulenbrüstung mit Aussicht.

 

 

Als hätte er es gewusst, steht er auch da, freut sich über ihre Spontanität mitzukommen. Sie vereinbaren einen Treffpunkt am Bahnhof und den ganzen Tag hat sie nichts anderes im Kopf als ihren Ausflug. Sie kaufen zusammen die Tickets, steigen in einen Waggon in der Mitte des langen italienischen Zuges, der sie in einer kurzen Fahrt in die drittgrößte Stadt Italiens bringt.

 

 

Sie zeigt ihm die Bilder vom Castel Sant´Elmo auf einem Hügel, dass sie gerne sehen möchte, es wird die erste Anlaufstelle nach dem Ausstieg. Er weiß, dass der Ausblick von dort atemberaubend ist und präsentiert stolz ´seine´ Heimatstadt. Ein bisschen spürt sie, dass die Geschichte dieser Siedlung ein wenig früher beginnt als manche andere. Sie picknicken im hübschen Park und er beginnt mit seinem Schlangen-Tai-Chi, dass nun mehr asiatisch wirkt als süditalienisch.

 

Die Sprache ist ein differenzierter, der 17000 Jahre alte Vesuv, der stolze 1281 Meter hoch ist, liegt am Stadtrand der ´Neuen Stadt´ und vermittelt einerseits Interesse und Neugier auf das Geheimnisvolle, aber auch Schauer, wenn sie an Pompeji und Herculaneum denkt, die im Jahr 79 n. Chr. von der Lava überschwemmt wurden, was nicht der letzte Ausbruch war. Denn der fand 1944 statt und ist also noch nicht so lange her.

 

 

Sie knippst alle 36 Fotos, die sich im Apparat befinden, weil die Ansichten so malerisch sind, ebenso die engen Straßen, die steil bergauf und -ab, mit den typischen Blumenkästen und Wäscheleinen nicht mehr neapolitanisch sein könnten. Er zeigt ihr im Hafen noch eine andere Burg, die noch älter ist. Das Castel dell´Ovo liegt auf einer eigenen Insel im Meer und war bestimmt uneinnehmbar - damals im 9. Jahrhundert, wo auf Resten einer Kirche aus dem 5. Jahrhundert diese Festung gebaut wurde.

 

 

"Wenn man schon damals lebte, dann hoffentlich innerhalb dieser Mauern.", überlegt sie, als er mit ihr durch das Viertel schlendert, wo es Ansichtskarten und Souvenirs zu kaufen gibt. In der Abenddämmerung bekommt das Castel einen anderen Rahmen und der dunkle Himmel, lässt die Steine, die mit dem Felsen, an dem die Wellen abprallen, verschmelzen leuchten. Lilly spekuliert, ob solche Festungen einem Vulkanausbruch trotzen könnten und merkt, dass dieses Thema allgegenwärtig ist.

 

 

Einen Snack gibt es in einer Galleria und sie schleichen spätnachts durch den schmalen Eingang seines Elternhauses auf einem Hügel zwischen anderen Häusern und einer stark abfallenden oder steigenden, wie auch immer, Straße, auf denen die Autos so geparkt sind, dass bei manchen Keile vor den Reifen stecken.