romantische amalfiküste

 

Noch bevor die Eltern wach werden, hat ihr Gastgeber Lilly aus ihrer Kuscheldecke, auf der eine selbstgehäkelte, bunte Tagesdecke liegt, rausgerüttelt und mit einem Lunchbag in der Hand, dass sie in ihrer Tasche verwahrt, bis zur Badezimmertür gezogen. Sie soll sich gleich anziehen, weil er ihr etwas zeigen möchte. Es geht mit dem Bus lange Küstenstraßen bis zur Amalfiküste und in einem der bezaubernden, farbigen und in die Felsen aufgefädelten Orte steigen sie aus, gehen Fuß bis zum kleinen Hafen, in dem Fischer- und Ausflugsboote schaukeln.

 

 

Es gibt viel zu sehen, denn sie versucht zwischen den Straßenkünstlern die pastellfarbenen Häuser zu zählen, die in Terrassen den ganzen Berg hinauf aneinandergebaut sind. Am Strandabschnitt machen sie Halt, der sich bis zum Abend in die Länge zieht, weil beide in der idyllischen Bucht zufrieden denn Tag genießen.

 

 

Das Mittelmeerblau mit den schunkelnden Booten, auf denen Sonnenanbeter den ganzen Nachmittag verharren, ergänzt sich mit dem Hellblau des Himmels. Lilly und ihr neapolitanischer Begleiter sprechen nichts, aber es ist trotzdem oder vielleicht deshalb schön.

 

 

Als sie nach der langen Busfahrt wieder in der steilen Straße ankommen, hat Lilly schon eine Ahnung, welches der schmale Eingang zum richtigen Haus ist und wie beim Tag davor, scheint niemand anwesend zu sein oder die Anwesenden schlafen schon. Sie fragt nicht nach, weil sie nicht weiß, wie sie so einen Satz ausformulieren sollte.

 

 

Die Bettwäsche auf dem Sofa ist geradegerückt und die Häkel-Decke gefaltet am Fußende hübsch zurechtgelegt und Lilly will das bunte Stilleben mit den vielen kleinen, hölzernen Fotorahmen mit Familienbildern und der grünen Glasvase mit bunten Kunstblumen, die auf dem verschnörkelt geschnitzten Beistelltischchen steht und die Mundwinkel zum Lächeln bringt, weil man trotzdem daran riechen möchte, nicht zerstören und setzt sich auf den mit dunkelgrünem Samt bezogenen Sessel.

 

 

Der Tisch hat ein Fach an der Unterseite, auf dem sichtbar bereits oft gelesene schmale Büchlein liegen, die noch diesen bestimmten, verlockenden Buchgeruch haben, weil die Papierseiten dick und holzig sind. Er sieht, dass sie dies sieht und knipst eine Standlampe an, die ihr nun über die Schulter nur knapp über und rechts vom Kopf Licht auf das Kissen wirft, welches sie auf ihren Oberschenkeln liegen hat. "Na gut. Das war ja eine Aufforderung."

 

 

Sie legt ein Buch nach dem anderen auf den Tisch vor ihr, wobei sie die Titel betrachtet und die Seiten durchblättert und ein wenig enttäuscht nur italienische Texte vorfindet. Sie lehnt den Kopf zurück in den weichen, grünen und samtigen Polsterbezug und betrachtet die Decke mit verschnörkelter Verzierung, die rundum läuft. Der junge Mann sitzt wohl an seinem Lieblingsplatz direkt am schwarzen, französischen Balkon mit Blick auf seinen Hauseingang, bis er plötzlich lächelt, aufhüpft, vom Regal ein deutsches Buch kramt: ´Angelina - Italienische Novellen´.