Thermen, tempel, tore am tiber

 

 

Sie meint, dass sie nun auf der gleichen Straße fahren, wie sie an ihrem Ankunftstag das erste Mal vom Flughafen in das Stadtzentrum von Rom fuhren, nur in die entgegengesetzte Richtung. Das Sommerhaus ist aus rustikalen Ziegeln und original süditalienisch mit welligem Dach und Ziegelmauer als Grenze rund um das Grundstück, wie Lilly bemerkt, als sie nach etwa einer Stunde langsamer Fahrt an einem entlegenen Winkel direkt am Meer ankommen.

 

 

Das Leben wird sich hier hinter dem Haus abspielen, wohin eine große Veranda wettergeschützt Richtung Gartengrundstück, kleinem Baumbestand und steinigem Strandzugang befindet, über dem sich das glasklare Wasser seicht anspült. Der Nachbar hat einen Hund an der Leine, den er aufgeregt begrüßt wird und den er hierlässt, weil er scheinbar der Housesitter oder vielleicht sogar ein Verwandter ist.

 

 

Lilly verhält sich möglichst unauffällig, um dieses Idyll innerlich genießen zu können, denn wer möchte nicht hier eine Woche verbringen. Das Gras ist geschnitten und gepflegt grün, die Terrakotta-Blumentöpfe sauber eingetopft mit Zier-Bäumchen, farbigen Blütenpflanzen und rundgeschnittenen Buxbaum. Die Mädchen sind mit dem Hund und Spielgeräten zum Meer. Lilly hat Eile nach zu kommen.

 

 

"Fang!", ruft eine und der Hund schnappt Lilly den Ball vor der Hand weg. "Witzig, Hund. Da braucht ihr mich gar nicht.". Sie lacht und die anderen spielen weiter. Im klaren Mittelmeer wäscht sie sich von den Händen den Sabber von den Lefzen des Tieres, bleibt paar Momente länger auf den nassen Steinen am Wasser, um zu sehen, was sich links und rechts vom eigenen Bereich befindet. "Nichts."

 

 

Erst viel weiter entfernt sieht sie Liegestühle, gestreifte Sonnenschirme, Badende und Kinder mit Schaufeln und Eimern. Es gibt Mittagessen und eine Besichtigung der Ostia Antica, wo Lilly das Gefühl hat, Familie Citoni macht das wegen ihr und sie sich deswegen besonders dafür interessiert.

 

 

Enrica und Barbara sind inzwischen bei dem Mann, der den Hund gebracht hat und wohl ein Onkel ist, weswegen sie ausgiebigst durch den Ruinenpark aus dem 4. Jahrhundert vor Christus geführt wird, wo es ein antikes Theater mit halbkreisförmigen Sitzreihen zu sehen gibt, Reste von Tempeln, Toren, einem Friedhof und vielen Gebäuden und Thermen. Viel Zeit verbringt sie auf den oberen Rängen der Zuschauer-Empore des Theaters mit Blick über die süditalienische Natur.

 

 

Abends ist Lilly froh, als die Mädchen wieder dazustoßen, weil die beiden ihre Kommunikations-Schnittstelle sind. Der Hund hat sein Bettchen auf der Veranda und Lilly bleibt auf dem abgesteppten Ledersofa im Wohnzimmer. Die Grillen zirpen laut und die Wellen untermalen diese mit leichtem Rauschen. Lilly muss sich erst an die Geräusche der Umgebung gewöhnen, als sie dann die erste Nacht beruhigt durchschlafen kann und die etwas beunruhigende, abgeschiedene und entfernte Lage von der nächsten Zivilisation vergisst.