westerland im jänner

 

 

Wir freuen uns, dass es heller wird, die Sonne blickt endlich wieder durch die matte Wolkendecke, die schon den ganzen Winter über der Nordseeinsel hängt, und erhellt augenblicklich das Gemüt - nicht nur das der Einwohner, sondern auch das der Inselgäste, die Tag für Tag mit der wackeligen Bahn über den Hindenburg-Damm ins nahe gelegene Erholungs- aber auch quirlige Arbeitsparadies anreisen.

 

 

Geduldig haben die Reisenden die Anfahrt mit großartigem, überwältigenden Anblick des weiten Himmels über der, in meist ruhigem, aber manchmal sehr wildem Wasser, welches sich seit Jahrtausenden an die Nordsee-Ufer unaufhaltsam in mehr oder weniger hohen Wellen an- und abspült, liegenden goldigen Sandinsel hinter sich gebracht. Sie erwachen wieder aus ihrer Glückseligkeit, wenn sie nicht zuvor schon von Gedränge und unkontrollierbaren Aufenthalten zwischen oder an den kleinen Stationen in den unzähligen Orten, die der Zug an- oder durchfährt, aus ihrer Faszination oder Tagträumen gerissen wurden.

 

 

Ein Bahnhof ist ein Bahnhof ist ein Bahnhof, ob er am Festland liegt, zwischen vielen idyllischen Städtchen Nordfrieslands, in dicht bewohnten Großstädten oder einfach hier auf dieser bezaubernden Halb-Insel. Sind die Menschen zum Arbeiten angereist, geht es schnellen Schrittes und mit konzentrierter, halbwegs freundlicher Miene, mit Musik im Ohr und dem Blick auf dem Handy, um noch schnell letztes Wichtiges an die Liebsten einzutippen, zum Dienstort in Verkauf, Hotel, Gastronomie.

 

 

Diese erkennt man daran, dass sie wesentlich schneller als die touristische Menge, den Bahnsteig hinter sich lassen und durch - um sich noch ein knuspriges Brötchen beim Frühstücksbüffet im hübschen Bahnhofs-Bistro, zu ergattern - das mittelgroße, braune Bahnhofsgebäude laufen oder daneben her, an den grünen Friesen-Riesen vorbei.

 

 

Insel-Neulinge suchen erst mal Orientierung. Schnell finden die Tages- oder Feriengäste den Weg zum hellen Horizont, der in Richtung Westen führt. Sie haben den hellen Meereshimmel über den Dächern der Häuser entdeckt und finden so den Weg zum Strand.  Um möglichst schnell an die fantastische Stelle mit dem Strand- und Promenadenzugang am Ende der etwas breiteren Friedrichstraße zu gelangen, lassen sie beobachtende und sehr nahe kommende Westerländer Möwen, die das eben erworbene Fischbrötchen oder Croissant klauen wollen, rasch hinter sich.

 

 

Wie auf Vorrat wird dann erst einmal tief durchgeatmet, die frische Meeresluft inhaliert und die staub- und abgasgeplagte Lunge vom städtischen Smog befreit. Die Augen erholen sich beim Anblick des meist windgepeitschten Ozeans, bevor endlich die dunkelgraue, kurze Holztreppe in den weiß-goldigen Sand runtergetrippelt wird. "Geschafft!", kann man in imaginären Gedankenblasen über ihren stressgeplagten Großstadtköpfen, die mit vorm Wetter schützenden, über die Jahreszeit angepasste, bunte Strickmützen gezogenen Kapuzen, bedeckt sind.