FAMILIENAUSFLUG

 

 

In dieser wunderbaren Bucht nahe dem Haus am Stadtrand Pulas lässt sich auf jeden Fall das Leben genießen, nur abends hat Lilly natürlich Sehnsucht nach Zuhause, Schwester, Opa, Oma, Vater, Freundinnen, Nachbarinnen... Die Möglichkeit hier eine Schule zu besuchen, gäbe es bestimmt - die Sprache wäre schnell gelernt und als Draufgabe jeden Tag Strand. "Aber sonst?". Sie weiß ungefähr, wann ihre Freundinnen aus ihren Reisen zurückkommen und will zurück.

 

 

Ein Ticket ist schnell gekauft und sie tritt die Rückfahrt alleine an. "Einmal umsteigen in Ljubiljana.", merkt sie sich und ist guter Dinge. Klugerweise hat sie sich selbst auch eine Ansichtskarte geschrieben und hat so für sich selbst auch eine Erinnerung in der Sammlung an der Holztür ihres Jugendzimmers.

 

 

Zuhause freut man sich über ihre Ankunft, nicht ohne das übliche, kritische Schmunzeln ihres zwar feurigen, aber konservativen Vaters beim sonntäglichen Mittagessen über die antiautoritären, freiheitlichen Verhaltensweisen ihrer Mutter, eine Zwölfjährige allein mit dem Zug über die Grenze fahren zu lassen.

 

Neutralität ist angesagt. "Jeder ist, wie er ist.", denkt sich Lilly und hat viel zu erzählen, als sie die Oma, Opa, die vielen Tanten und Cousinen, ihre Schwester, die Nachbarin und allen anderen wiedersieht. Sie hat natürlich ein paar Mitbringsel als Erinnerung mitgebracht.

 

 

Während des Jahres kommen viele Anrufe und plötzlich Hochzeitsfotos, auf denen ihre Mutter in einem bezaubernden, apricotfarbenen Kostüm und Ascot-Hut mit Gesichtsschleier vor mit ihrem jungen, hübschen Mann vor einer dreistöckigen Torte zu sehen ist. Aufgrund dessen will die Oma jetzt auch mit und Lilly freut sich auf die nächsten neun Wochen Sommerferien. Für die siebenjährige Isabella ist es der erste Ausflug ans Meer und Lilly hilft mit beim Kofferpacken.

 

 

Mehr als die Kinder ist die Oma aufgeregt, aber bei der Ankunft und als sie sich so gut versteht mit der angeheiraten Familie kehrt Ruhe ein. Als das erste Foto an den Felsen in der Bucht gemacht werden, wo logischerweise das Meer im Hintergrund sein soll - ein Klassiker: "Noch ein Stück zurück.". Es ist nicht so leicht, mit dem kleinen Fotoapparat ein breites Panorama auf ein Bild zu bekommen. "Noch ein wenig.". Die Oma trippelt noch ein wenig rückwärts dem Abgrund entgegen. "Ja, bleib so."

 

 

Sie lacht und breitet die Arme aus. "Schön.". "Mach noch eins.", fordert sie Lilly auf, aber dreht sich dann um und bemerkt erst wie nahe sie am Abgrund steht, kommt aus der Balance, wankt und guckt mit diesem Schrecken im Gesicht und den Händen überm Kopf zu Lilly. Die drückt ab - auch vor Schreck. Die Mutter hilft der Oma und vorbei ist der Spaß. "Das wär ein tolles letztes Foto gewesen.", hat das Vier-Mädel-Haus noch lange zu lachen auf dem Trippelweg zwischen den Felsen in die romantische Bucht am Mittelmeer, dass die Küsten rund um die historische, belebte Hafenstadt Pula an der Spitze der Halb

insel Istrien mit gemäßigtem Wellengang umspült.