Fahrstunden auf der VIA Settembre

 

 

Die römischen Kinder halten sich tagsüber in der Schule auf, wo Lilly mit der Mutter Citoni bis zu ihrer Arbeitsstelle fährt, von dort aus in der Altstadt den Tag genießen kann und die schönsten Plätze Roms erobert. Erst um 15.30 Uhr werden die beiden vom Schulgebäude zum Olympischen Stadion abwechselnd zum Schwimm- oder Reitunterricht gebracht, wo es heißt, in Ruhe 1,5 Stunden zu warten, dann geht es nach Hause zum Abendessen, dass meistens die Nana schon zubereitet hat und Lilly beim Abräumen hilft.

 

 

"Das wars.". Lilly hat sich Notizen gemacht und versucht die Anhaltspunkte in den Kurven und die Straßenschilder an den Ampeln einzuprägen, denn in der nächsten Woche soll sie selbständig diese Fahrten meistern.

 

 

Aus diesem Grund soll sie am Wochenende schon mal mit dem kleineren der beiden italienischen PS-Kutschen probefahren, doch als sie in den Wagen auf den Fahrersitz einsteigt und sich den Sitz zurechtgerückt hat, den Zündschlüssel nach vorne dreht, vergisst sie auf die Kupplung zu treten und die Motorhaube klebt an der Mauer vor ihr. "Bumm.". Das wars. Der Mutter tut das leid, Lilly auch. Sie bekommt ein größeres Auto, wo die Schaltung leichter ist und überhaupt alles etwas funktioneller und weniger ruppig.

 

 

Jetzt klappt alles und Lilly glaubt es immer noch nicht, es ist aber so: Ihre allerersten 2000 Fahrkilometer absolviert sie im Verkehrschaos zu Stoßzeiten in der italienischen Hauptstadt - die meisten davon auf der Via Settembre, wo es anfänglich unmöglich scheint, sich auf die richtige Spur einzuordnen und Lilly gelernt hat, gleich bei der Auffahrt die richtige Linie zu erkämpfen. Anhalten, blinken oder langsam fahren, gibt es nicht - einmal im Verkehr, immer im Verkehr.

 

 

Außerdem gilt nicht immer, was die Ampel anzeigt, sondern, was dem fließenden Verkehr zuträglich ist - wer zögert, hat verloren und wenn der Bobby winkt und pfeift, ist es egal, wen er meint, einfach losfahren. Zusätzlich gibt es diese Vespas und Roller und Räder - wobei die ersteren wenigstens hörbar vorbeirasen, während die Autos im Stau gemeinsam zäh der nächsten Kreuzung entgegenziehen, die Roller und Räder bemerkt sie erst, wenn sie schon fast zum Fenster reinkommen mit den Lenkern und Ellenbogen, weil sie sich millimeterknapp und beneidenswert schnell durch die Autoreihen schlängeln.

 

 

Sie sind die Sieger des Innenstadtverkehrs. Anfangs sitzt Mutter Citoni noch am Beifahrersitz, doch als sie nach ein paar Tagen merkt, dass die beiden Strecken ohne Probleme gefahren werden, steigt sie wieder auf ihr Auto um und Lilly sieht sie ab dann kaum mehr - sie scheint ein Workaholic zu sein. Der Tagesablauf findet mit Enrica und Barbara statt und abends sieht man die Nana mit dem lecker Abendessen.

 

 

"Deswegen wollten sie die eine Woche am Strand anfangs.", versteht Lilly nun im Nachhinein den lockeren Beginn ihrer "Amtszeit". Inzwischen hat sie sich jede Ecke Roms angesehen und hat schon ein paar bekannte, freundliche Gesichter an den Hot-Spots.